Friedrich Theodor Vischer
(1807-1887)
Friedrich Theodor Vischer, der als
Philosoph, Ästhetiker, Schriftsteller und
Politiker in die Annalen der Geschichte eingehen
sollte, wurde am 30. Juni 1807 als Pfarrerssohn in
Ludwigsburg geboren. Nach dem frühen Tod des
Vaters zog die Familie nach Stuttgart, wo Friedrich
Theodor Vischer das Gymnasium besuchte. 1821
wechselte er nach Blaubeuren, und bestand dort 1825
das Abitur.
Das Studium der Philologie, Philosophie und
Theologie folgte von 1825 bis 1830 in
Tübingen. 1830 legte Friedrich Theodor Vischer
sein erstes theologisches Examen mit Auszeichnung
ab. Nach Promotion und zweitem theologischen Examen
wurde er 1835 zum Privatdozenten für
Ästhetik und deutsche Literatur an der
Philosophischen Fakultät in Tübingen
berufen und übernahm 1844 die Leitung des dort
neu geschaffenen zweiten Lehrstuhls "Ästhetik
und deutsche Literatur", nachdem er "Über das
Erhabene und Komische" eine Abhandlung mit bester
Bewertung verfasst hatte.
Zu jener Zeit war die Diskussion um die Gedanken
und Lehren des deutschen Philosophen Georg Wilhelm
Friedrich Hegel (1770-1831) in vollem Gange, der
sich auch Friedrich Theodor Vischer nicht
verschloss, weswegen er etliche Jahre an den
"Hallischen Jahrbüchern für deutsche
Wissenschaft und Kunst" mitarbeitete, die von den
so genannten Linkshegelianern herausgegeben wurden.
Die Linkshegelianer betrachteten den Philosophen
als Pantheisten und als Kronzeugen eines
philosophisch begründeten Atheismus.
Bei seiner Antrittsvorlesung als ordentlicher
Professor am 21.11.1844 bekannte sich Friedrich
Theodor Vischer offen und eindeutig zum
Pantheismus, der philosophisch-theologischen Lehre,
nach der das Göttliche in allen Dingen der
Welt existiert oder mit der Welt identisch ist, was
ihm Begeisterung bei seinen Studenten und ein
zweijähriges Lehrverbot einbrachte.
Das Lehrverbot, während dessen er allerdings
seine Bezüge weiter erhielt, nutzte er zur
Fertigstellung der ersten beiden Bände seines
Werkes "Ästhetik oder Wissenschaft des
Schönen".
Sein wieder aufgenommenes Lehramt konnte Friedrich
Theodor Vischer nicht lange ausüben, da er
1847 als liberaler Abgeordneter des Wahlkreises
Reutlingen/Urach in die Nationalversammlung in
Frankfurt am Main einzog.
Beruflich wechselte Friedrich Theodor Vischer 1855
an das Züricher Polytechnikum, arbeitete aber
darüber hinaus an seinen Schriften engagiert
weiter und kehrte 1866 wieder nach Tübingen
zurück. Von 1866 bis 1869 hielt er
zusätzlich Vorlesungen am Polytechnikum in
Stuttgart. Von 1869 an lehrte er nur noch in
Stuttgart. Bis ins hohe Alter kam der 1870 vom
württembergischen König geadelte Denker
und Dichter seiner Lehrtätigkeit vor einer
großen Zuhörerschaft nach.
Im August 1887 brach Friedrich Theodor Vischer zur
letzten seiner zahlreichen Italienreisen auf.
Während dieser erkrankte er schwer und starb
am 14. September 1887 in österreichischen
Gmunden.
Hinterlassen hat Friedrich Theodor Vischer ein
umfangreiches Werk, wozu auch Schriften
zählen, die er unter dem Pseudonym Philipp
Ulrich Schartenmayer oder unter anderen Decknamen
verfasst hat. Im Deutschen Literaturarchiv in
Marbach sind Teile seines Nachlasses aufbewahrt.
Darunter befinden sich auch "Epigramme von
Baden-Baden".
Von Rika Wettstein, Baden-Baden
Über Vischer schrieb
Oskar
Rößler in seinem Buch
"Baden-Baden als Heilbad" auf Seite
213:
"Müßiggehen im
Bad, das ist nur ganz in der Ordnung.
Nicht für die Arbeit bloß ist
uns das Leben geschenkt"
schrieb der Stuttgarter
Ästhetiker Friedrich Theodor V i s c
h e r (1807-1887), der als Badegast gar
oft in Baden-Baden weilte. Das
Müßiggehen fiel ihm aber
beschwerlich und da schmiedete er Verse,
die er unter dem Titel "Epigramme aus
Baden-Baden" in Stuttgart erscheinen
ließ und zwar vorsichtigerweise ohne
Nennung seines Namens. Und in diesem
Büchlein lesen wir über das
kleine Denkmal, das dankbare Kranke dem
Gedächtnis Guggerts [Dr. Anton
Guggert (1804-1864), der berühmte
Baden-Badener Badearzt seiner Zeit] bei
der Trinkhalle errichtet haben, die
folgenden boshaften Reime:
"Das schlichte,
gemütliche Denkmal,
Nahe dem Säulengang traulich im
Grünen versteckt,
Eine Büste von Erz auf einfachem
Stein; dem Geheimer Hofrat Dr. N. N. les'
ich geschrieben am Fuß.
Wie er lächelt, der Schalk! Mit
zwinkerndem Winkel des Auges,
Und mit schmunzelndem Mund blickt er
vergnüglich mich an.
Kurarzt war er; mir ist als spräch'
er vernehmlich: 'Ja, wohl, ja,
Manchen geheimen Rat gab ich an allerlei
Volk,
Und absonderlich gerne vornehmen Herren
und Höfen,
Dadurch hab' ich den Glanz nicht um ein
Kleines vermehrt.'
Seh' ich den dummen Ernst in all dem
nichtigen Jagen
Und die geblendete Gier all des betrogenen
Schwarms,
Lenk ich gerne den Schritt zu dem
grünen, verborgenen
Plätzchen.
Und wie ein Faun im Gebüsch
lächelt behaglich der Schelm."
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