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Tomi
Ungerer
Der Tausendsassa unter den bildenden Künstlern des 20.
Jahrhunderts wurde am 28. November 1931 als Jean Thomas
Ungerer, jüngstes von vier Kindern der Uhrmacherfamilie
Ungerer, in Straßburg geboren. Nach dem frühen
Tod des Vaters zog die Familie 1935 in die Nähe
Colmars, wo Tomi Ungerer den zweifachen
Nationalitätenwechsel seines Heimatlandes Elsass
erlebte.
1940 wurde das Elsass von den Deutschen annektiert und 1945
von den Franzosen zurück erobert. In dieser Phase
besuchte Tomi Ungerer die Matthias-Grünewald-Schule,
Oberschule für Jungen, in Colmar. Unter der Herrschaft
der Deutschen war der Unterricht von ausgeprägten
Germanisierungsbestrebungen und nationalsozialistischem
Gedankengut bestimmt. Nach der Kapitulation Deutschlands
wurde der Unterricht in französischer Sprache erteilt.
Die elsässische Sprache war verboten. Derartige
Brüche zu verkraften und zu verarbeiten, ist schwer.
Für Tomi Ungerer brachten sie das Resultat, den zweiten
Teil der Abitursprüfung nicht zu bestehen.
1951/52 begab er sich erstmals außerhalb Frankreichs,
das er zu seinen Pfadfinderzeiten mit dem Fahrrad erkundet
hatte. Ziele waren das skandinavische Nordkap und das
nordafrikanische Algerien, wo er als Soldat der
französischen Saharatruppen eingesetzt gewesen war.
Nach einer schweren Erkrankung kehrte er zurück und
besuchte ab Herbst 1953 die Straßburger Ecole
Municipale des Art Décoratifs.
Als Schaufensterdekorateur und Werbezeichner arbeitete er in
den Folgejahren, bis er 1956 nach den USA reiste, wo er sich
für mehr als ein Jahrzehnt in New York nieder
ließ. Sein erstes Kinderbuch erschien dort im Jahr
1957und wurde sofort prämiert, Werbekampagnen und
Arbeiten für berühmte Zeitschriften
beschäftigten den produktiven Künstler ebenso wie
die Kreation weiterer Kinderbücher und
gesellschaftskritische Arbeiten. Als Vierzigjähriger
zog er nach Kanada und von dort im Jahr 1976 nach
Südirland.
Zwischenzeitlich waren seinen Werken Ausstellungen gewidmet
worden und er selbst hatte großzügig
verschiedenen Museen in den USA und Europa einen Teil seiner
Werke geschenkt. "Das große Liederbuch", welches 1975
erschienen ist und neben den schönsten deutschen Volks-
und Kinderliedern über 150 bunte Bilder Tomi Ungerers
mit Motiven aus dem Elsass enthält, verdeutlicht dessen
Beziehung zu seinem Heimatland, die letztendlich ihre
Krönung in der Ausstellung "Tomi Ungerer und New York"
anlässlich seines siebzigsten Geburtstags im
Straßburger Musée d'Art Moderne
et Contemporain im Jahr 2001 findet.
Die 26 dazwischen liegenden Jahre sind gekennzeichnet von
einer schier unermüdlichen Schaffenskraft des
Künstlers in vielen Bereichen. Kinderbücher,
Werbezeichnungen, Satirewerke, erotische Zeichnungen und
Beobachtungszeichnungen waren neben vielen anderen
Umsetzungen spontaner Einfälle die hauptsächlichen
Schaffensfelder. Daneben setzte er sich für Mensch und
Tier ein, gründete die "Kulturbank" in Straßburg,
eine Gesellschaft zur Förderung des
deutsch-französischen Kuturaustausches, und
veröffentlichte den ersten Teil seiner Erinnerungen.
Ausstellungen fanden statt und Ehrungen wurden im zuteil,
unter anderem das Bundesverdienstkreuz als Anerkennung
seines Einsatzes für die deutsch-französischen
Kulturbeziehungen.
Glücklicherweise ist kein Ende dieser
außergewöhnlichen Kreativität abzusehen. So
hat Tomi Ungerer z.B. die "Badefreuden", die in Baden-Baden
genossen werden können, grafisch umgesetzt. Sein Appell
für mehr Toleranz auf der Welt, wird beim SWR
Baden-Baden in einer Trickfilmreihe fernsehgerecht
umgesetzt.
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Hommage an
Baden-Baden: "Badefreuden"
Serigrafie, 42 x 65 cm, Auflage: 200
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Möge sein künstlerisches Wirken noch lange
erhalten bleiben und Kunstwerke entstehen lassen, die in
Anlehnung an sein "(fast vollständiges) Tomi
Ungerer-Wörterbuch" mit folgenden Attributen bedacht
werden können:
a-lternativ, b-eobachtend, c-harakteristisch, d-erb,
e-mpfindsam, f-antasievoll, g-ewissenhaft, h-umorvoll,
i-ronisch, j-ovial, k-arrikaturistisch, l-ebensfroh.
m-enschenfreundlich, n-achdenklich, o-pulent, p-rall,
q-uerdenkerisch, r-omantisch, s-innenfroh, t-emperamentvoll,
u-niversell, v-ielschichtig, w-eitsichtig, x-enophil,
y-ellow (amerikanisch für sensationell),
z-eitkritisch.
Von Rika Wettstein, Baden-Baden (2003)
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