Musik ist ein "Kaugummi-Fach".
Die auch sozial engagierte
"Jahrhundert-Geigen" Anne-Sophie Mutter beklagt die immer
mehr fortschreitende kulturelle Armut in Deutschland. "Der
Musikunterricht an deutschen Schulen hat kein gutes Image,
er ist peinlich und langweilig", so die Künstlerin in
einem Interview des Südwestrundfunks.
"Musik ist ein Kaugummi-Fach, es zählt nicht als
Prüfungsfach. Sehen wir uns doch an, wer die
Götter unserer heutigen Zeit sind - das sind die
Sportler." Oft lieblos sei der Musikunterricht zusammen
gestellt und frühkindliche Musikerziehung bleibe meist
beim lächerlichen Geräusche machen stecken: "Nur
rasseln und trommeln, das ist Erstklässlern kaum
zuzumuten."
Wichtig sei, so Mutter, dass die Kinder mit Liedern
aufwachsen, dass sie über die Musik auch fremde
Kulturen kennen lernten. Außerdem solle mehr
Repertoire im Musikunterreicht gelehrt werden. Zur
musikalischen Allgemeinbildung gehöre die Kenntnis der
großen deutschen und österreichischen
symphonischen Werke. Beethoven und Brahms seien dabei ein
"Muss". Auch Schubert-Lieder sollten bekannt sein.
Die Geigen-Virtuosin beklagte auch, dass sehr viel Kultur
aus dem öffentlichen Leben verschwunden sei. Geist und
Seele würden vernachlässigt,
Äußerlichkeiten würden zunehmend wichtiger:
"Dabei sind Musik und Literatur Gottes Geschenke, die uns
mehr Glück bringen als die äußere
Hülle, die wir so verzweifelt bürsten und
pflegen."
Die 1963 im badischen Rheinfelden geborene Künstlerin
wurde bereits mit fünf Jahren in Musik unterrichtet,
zunächst am Klavier, wenige Monate später
wechselte sie auf eigenes Drängen zur Geige. Im Jahr
1970, im Alter von sechs Jahren, gewann sie bereits zwei
Preise beim Bundeswettbewerb "Jugend musiziert". Als
"Jahrhundert-Begabung" befreite das
baden-württembergische Kultusministerium sie vom
allgemeinen Schulunterricht, und sie erhielt
Privatunterricht und eine umfassende musikalische
Ausbildung.